Interview Bettina

Liebe Bettina, du bist Patin im Rahmen unseres Projekts Vergiss mich nicht, ein Patenschaftsprojekt für Kinder aus suchtgefährdeten Familien in Berlin. Du betreust dein Patenkind in diesem Jahr genau zehn Jahre. Wir freuen uns sehr, dass du dein Patenkind und somit auch unser Projekt bereits ein Jahrzehnt unterstützt. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, um ein bisschen mehr über eure Patenschaft zu erfahren.

Wie fing damals alles an? Wie kam es dazu, dass Du die Patenschaft eines Kindes mit suchtkranken Eltern übernommen hast?

Ich habe in der Zeitung einen Artikel über das Projekt gelesen und dann dort angerufen. Ich finde es sehr wichtig, dass etwas für die Kinder getan wird, die ansonsten meist in Vergessenheit geraten. Sie sind die Leidtragenden, denn sie wachsen in einer Umgebung auf, die nicht der Norm entspricht.

Wie sehen eure gemeinsamen Treffen normalerweise aus und was macht ihr am liebsten zusammen?

Seit nunmehr 10 Jahren betreue ich mein Patenkind. Damals war es vier Jahre alt und wir sind oftmals auf einen Spielplatz gegangen (auch Indoorspielplätze bei kaltem Wetter), in den Zoo, Aquarium, in den Zirkus, waren ein Eis essen, waren im Park, im Sommer schwimmen und im Winter rodeln oder haben uns in ein Café gesetzt und ein Gesellschaftsspiel gespielt. Mittlerweile haben sich unsere Aktivitäten altersbedingt verändert: Wir gehen ins Kino, gehen zum Trampolinspringen, gehen schwimmen oder wir gehen in ein Restaurant. Meistens spielen wir Fußball, das ist die große Leidenschaft meines Patenkindes.

Wie konntest Du das Kind auf seinem Weg unterstützen?

Ich denke, dass es meinem Patenkind sehr hilft, dass wir uns schon so lange kennen. Es haben sich eine starke Bindung und natürlich Vertrauen aufgebaut, die durch all die gemeinsamen Jahre wachsen konnten. Ich habe selbst drei Kinder und weiß daher, wie wichtig es ist, dass Kinder eine Bezugsperson haben, der sie vertrauen können. In unserem Fall ist es natürlich schön, dass wir uns schon seit 10 Jahren kennen.

Was habt ihr alles zusammen erlebt? Gab es besondere Momente, von denen du uns erzählen möchtest? An welche Erlebnisse erinnerst du dich gerne zurück?

Ich kenne mein Patenkind bereits seit es in den Kindergarten ging, habe seine Einschulung miterlebt und nun ist es schon in der Oberschule und hat auch eine erste Freundin. Es ist schön zu sehen, wie selbstständig mein Patenkind mittlerweile geworden ist und wie viele Dinge es nun auch alleine unternehmen kann.  Da ich – wie bereits erwähnt – selbst drei Kinder habe, die aber alle älter als mein Patenkind sind, war ich auf alles gut vorbereitet…sowohl auf die Trotzphase als auch auf die Pubertät.
Gerne erinnere ich mich an Dinge zurück, die er in dieser Zeit gelernt hat, z.B. Fahrradfahren auf dem Tempelhofer Feld oder auch an Erfahrungen, die er vorher noch nie erlebte hatte, z.B. Trampolinspringen. Auch an unsere Erlebnisse auf einer Huskyfarm, denke ich gerne zurück. Dort haben wir gemeinsam mit anderen Patenkindern und Pat*innen des Projekt Vergiss mich nicht einen Ausflug mit Huskies im Wald gemacht. Es war so schön zu sehen, mit welcher Freude und Begeisterung er sich mit den Hunden beschäftigte.

Wie geht ihr mit der aktuellen Situation um? Wie haltet ihr momentan während der Coronakrise Kontakt?

Während des 1. Lookdowns hatten wir nur telefonisch und per Whatsapp Kontakt, danach haben wir uns im Sommer ein paar Mal gesehen und waren Essen, mit anderen aus der Patenschaftsgruppe im Park beim Slagline ausprobieren oder bei einem Ganztagsausflug in Brandenburg. Wir können natürlich im Moment nicht mehr so viel unternehmen, aber wir stehen trotz allem in Kontakt.

Was würdest du potentiellen Pat*innen raten, die sich für eine Patenschaft interessieren?

Wichtig ist es, dass man sich vorab gut überlegt, worauf man sich einlässt. Egal, um was es sich für eine Patenschaft handelt, man sollte Durchhaltevermögen haben, aber vor allen Dingen auch Freude daran. Und gerade im Zusammenhang mit Kindern sollte man wissen, dass Verlässlichkeit und Vertrauen unentbehrlich sind.

Was wünschst du deinem Patenkind für die Zukunft?

Ich wünsche meinem Patenkind, dass es sich weiterhin so gut entwickelt, wie bisher. Durch sein Schicksal, das Kind eines suchabhängigen Elternteils zu sein, hat es bereits viele Dinge erlebt, die andere Kinder in seinem Alter in einem intakten Elternhaus nicht mal ansatzweise miterlebt haben. Außerdem wünsche ich ihm, dass Sucht in seinem persönlichen Leben keinen Platz findet… egal in welcher Art und Weise

Vielen Dank für die schönen Einblicke, liebe Bettina!

Das Interview konnte aufgrund der aktuellen Situation nicht persönlich durchgeführt werden. Wir danken Bettina umso mehr, dass sie sich die Zeit genommen hat, unsere Fragen schriftlich zu beantworten.

Mehr Informationen zu unserem Projekt finden Sie hier. Wer ebenfalls Interesse an einer Ehrenamtstätigkeit hat, meldet sich gerne bei unserer Ehrenamtskoordinatorin, Lilly Parr.