Interview Frank Schuhmann

Du bist Leiter der Fachstelle für pflegende Angehörige, wie konntest du dich in den letzten Jahren bei uns im Werk weiterentwickeln und was schätzt du besonders an deiner Arbeit?

Als ich im Jahr 2010 die Leitung der Fachstelle für pflegende Angehörige übernommen habe, war das Projekt neu ausgeschrieben. Es ging also um den Projektaufbau. Von Anfang an war es so, dass ein großes Vertrauen da war, dass ich diese Aufgabe meistern würde. Es wurde von niemandem in die Inhalte dieses Projektes „hereinregiert“, dadurch war viel kreative Freiheit zum Aufbau des Projektes gegeben, was mir sehr gefallen hat und nach wie vor gefällt. Trotzdem gab es immer kompetente Ansprechpartner – sei es für strategische Überlegungen oder zu Fragen der Verwaltung von Finanzen etc.

Die Möglichkeit frei agieren zu können ohne dabei allein gelassen zu sein hat zu einem stetigen thematischen Ausbau der Fachstelle und einer personellen Weiterentwicklung geführt. Die Fachstelle besteht heute aus 4 Personen.

Inwiefern kannst du im Rahmen deiner Arbeit neue Dinge anstoßen?

Durch die oben beschriebene kreative Freiheit kann ich mich ziemlich in der Fachstelle „austoben“ und auch immer wieder neue Themen anstoßen. Politisch durch die Geschäftsleitung gestützt konnte so in der Vergangenheit zum Beispiel das Thema „Pflege durch Jugendliche und junge Erwachsene“ von der Fachstelle vor 6 Jahren aufgegriffen werden, was letztlich zu dem neuen Projekt „echt-unersetzlich“ geführt hat. Auch die „Woche der pflegenden Angehörigen“ konnte ich in meiner Arbeit initiieren. Etwas was jetzt fester Bestandteil einer Anerkennungskultur für pflegende Angehörige in Berlin ist. Ebenso war ich an der Konzeptentwicklung der „Brückenbauer*innen in der Pflege“ von Anfang an beteiligt. Auch ein Projekt, was sich nun glücklicherweise verstetigt hat. Die Fachstelle lebt davon, immer wieder neue Ideen zu entwickeln und neue Dinge anzustoßen, zu entwickeln und dann zu begleiten. Ich betrachte die Arbeit der Fachstelle als eine Art „Geburtshilfe“ in vielen Bereichen. Von der Idee bis zur Umsetzung – und dann muss ich aber auch loslassen können. Wie zum Beispiel bei echt-unersetzlich oder den Brückenbauer*innen, wo ich jetzt nur noch mit Rat und Tat zur Seite stehe, wenn es gewünscht wird.

Was möchtest du in den nächsten Jahren umsetzen und was wünscht du dir für pflegende Angehörige in Berlin und bundesweit?

Da gibt es so vieles, was ich für wichtig und notwendig erachte. Pflegende Angehörige sind so eine große und wichtige Gruppe und haben dabei so viel Nachholbedarf was ihre Unterstützung angeht. Ich würde gerne in den nächsten Jahren daran arbeiten, dass das Unterstützungssystem für die pflegenden Angehörigen transparenter wird, damit mehr Menschen das auch nutzen können. Vor allem Menschen für die es aus verschiedenen Gründen besonders schwierig ist das richtige Angebot zu finden, weil sie Barrieren wie Sprache oder Diskriminierungsangst überwinden müssen.

Für Berlin wünsche ich mir, dass pflegende Angehörige in allen wichtigen pflegepolitischen Gremien eine Vertretung haben.

Für das ganze Land wäre wichtig, dass die finanzielle und soziale Absicherung pflegender Angehöriger besser wird. Ich finde wir brauchen für pflegende Angehörige eine Lohnersatzleistung wie das Elterngeld bei jungen Familien, damit Pflege und Beruf vereinbart werden kann. Und wir sollten die diversen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wie Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege, Entlastungsbetrag usw. zu einem Budget zusammenfassen und den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen die Verantwortung dafür übertragen. Das heißt mehr Flexibilität und individuellere Hilfe, die damit möglich wird. Das wäre ein wichtiger Baustein zur Unterstützung von pflegenden Angehörigen.