PRESSESPIEGEL Eröffnung Wohn- und Beratungshaus für Frauen in Not, Tieckstr. 17, Berlin Mitte

Diakoniedirektorin Barbara Eschen bei ihrem Grußwort zur Eröffnung. Foto: DWBS

epd, 26. Februar 2019

Notunterkunft für Frauen in Berlin-Mitte eröffnet  - Bezirksamt fordert Abgabe wegen Zweckentfremdung

In Berlin gibt es schätzungsweise 10.000 wohnungslose Frauen, 34 von ihnen sollen ab März Obdach in einer neuen Einrichtung der Diakonie finden. Politiker zeigen sich erfreut über das Projekt, für das Bezirksamt Mitte ist es eine Zweckentfremdung.

Berlin (epd). In Berlin-Mitte ist ein Wohn- und Beratungshaus sowie eine Notunterkunft für obdachlose Frauen eröffnet worden. Bundestagsabgeordnete Eva Högl (SPD), die ihren Wahlkreis in dem Bezirk hat, zeigte sich erfreut über das neue Haus:
"Es braucht noch viel mehr Einrichtungen spezifisch für Frauen", sagte sie bei der Eröffnung in einem ehemaligen Pfarrhaus am Dienstag in Berlin. Obdachlose Frauen seien oftmals nicht so sichtbar wie obdachlose Männer. Zudem litten sie häufig unter gewalttätigen Übergriffen. In dem neuen Haus des
Diakonisches Werkes und der Koepjohann'schen Stiftung soll es temporäre Unterkunft und spezifische Angebote für wohnungslose Frauen mit und ohne Kinder geben.

Schätzungen zufolge gibt es nach Angaben der Betreiber etwa 10.000 wohnungslose Frauen in Berlin. In den herkömmlichen Obdachloseneinrichtungen fehle es an Beratungs- und Rückzugsmöglichkeiten sowie Schutz vor Belästigung und Übergriffen.
Der angespannte und überteuerte Wohnungsmarkt sei gerade für alleinstehende Frauen eine Herausforderung. Das Wohn- und Beratungshaus solle ihnen Perspektiven aus der Wohnungslosigkeit aufzeigen.

Alexander Fischer (Linke), Staatssekretär für Arbeit und Soziales der Berliner Senatsverwaltung, sprach bei der Eröffnung von "zentralen Defiziten" bei der Versorgung von Obdachlosen. Frauen, Kinder und Menschen mit Behinderung seien besonders betroffen. Auf der einen Seite habe es noch nie so viel Hilfe wie heute gegeben, auf der anderen Seite sei auch der Bedarf noch nie so groß gewesen. "Obdachlosigkeit ist ein
wachsendes Problem", unterstrich er. Die neue Einrichtung sei ein wichtiger Baustein für die Wohnungslosenhilfe, besonders für wohnungslose Familien. Diese seien oft Einelternfamilien, in der Regel bestehend aus Mutter und Kindern.

Den Angaben nach können ab März insgesamt 34 Frauen und Kinder temporär in Einzel- oder Doppelzimmern der neuen Notunterkunft wohnen. Auch Frauen mit Neugeborenen oder Kleinkindern würden aufgenommen. Zusätzlich gebe es vier Appartements, eines davon barrierefrei. Den
Bewohnerinnen stünden zudem Mitarbeiterinnen des Diakonischen Werks Berlin Stadtmitte zur Seite. Ergänzend dazu gebe es im Haus die von der Koepjohann'schen Stiftung betriebene Notunterkunft "Marie", in der bis zu zehn Frauen für einen Zeitraum von maximal drei Wochen Obdach finden können.

Überschattet wurde die Eröffnung von einem Brief des Berliner Bezirksamts Mitte: Den Betreibern zufolge erhielten sie vergangene Woche die Aufforderung, pro genutztem Quadratmeter sechs Euro Zweckentfremdungsabgabe monatlich zu zahlen. Auf die Einrichtung kämen
demnach Zahlungen in Höhe von 4.000 Euro pro Monat zu. Dabei sei das Bewilligungsverfahren zunächst problemlos gelaufen. Grundlage für die Forderung des Bezirksamtes sei das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz des Berliner Senates.

"Die Nachricht hat uns geschockt", sagte Monika Lüke, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Berlin Stadtmitte. "Jetzt sollen wir Geld dafür bezahlen, dass wir Frauen und Kinder, die sonst auf der Straße leben, eine Unterkunft und Zukunftsperspektiven bieten", kritisierte sie. Dabei erzielten die Betreiber keinen Gewinn mit der Unterkunft. "Wir sind eine gemeinnützige, kirchliche Einrichtung", betonte sie. Das Diakonische Werk werde Widerspruch einlegen.

Staatssekretär Fischer betonte die Gesprächsbereitschaft der Verwaltung. Die Zweckentfremdungsabgabe beziehe sich auf die 34 Plätze, in denen Frauen und Kinder ordnungsrechtlich untergebracht werden. Diese ordnungsrechtliche Unterbringung obdachloser Menschen falle nicht unter die Ausnahmen, bei denen eine Zweckentfremdung von Wohnraum gestattet werden kann. Einige Einrichtungen würden mit dieser Art der Unterbringung nämlich ein Geschäft machen. Dies bei der Einrichtung der Diakonie aber nicht der Fall. "Wir werden eine Lösung finden", sagte er nach der Eröffnung.

Tagesspiegel, 26. Februar 2019
https://www.tagesspiegel.de/berlin/zweckentfremdung-einrichtung-fuer-obdachlose-frauen-soll-tausende-euro-zahlen/24041916.html

Berliner Morgenpost, 27. Februar 2019
https://www.morgenpost.de/berlin/article216534011/Bezirk-verlangt-von-Obdachlosenhilfe-4000-Euro-im-Monat.html

RBB Abendschau
https://www.rbb-online.de/abendschau/archiv/20190226_1930/notunterkunft-fuer-wohnungslose-frauen-in-berlin.html

Berliner Woche 28.02.19
https://www.berliner-woche.de/mitte/c-soziales/bezirk-will-4000-euro-monatlich-vom-diakonischen-werk-wegen-zweckentfremdung_a202996

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