Echt unersetzlich auf dem Lollapalooza 2019

Foto©Lilly Parr

Vom 7. bis zum 8. September 2019 fand das Lollapalooza Festival  im Olympiastadion in Berlin statt. Mit dabei war das Projekt echt unersetzlich, eine Beratungsstelle für Jugendliche und junge Erwachsene mit Pflegeverantwortung des Diakonischen Werks Berlin Stadtmitte. Im Grünen Kiez, einem Areal für NGO’s, gemeinnützige Vereine und Initiativen aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Soziales, präsentierte sich das Projekt erstmals den täglich bis zu 85.000 Besuchern des Festivals.

Unter dem Motto „Zeig dich“ stand das Team von echt unersetzlich den Gästen ein ganzes Wochenende für Informationen und Gespräche zu pflegenden Jugendlichen sowie mit einer tollen Fotoaktion zur Verfügung. Mit bunten Masken und viel Glitter im Gesicht warfen sich die Gäste des Lollapaloozas vor der Fotowand des Projekts in Pose. Der Hintergrund der Aktion "Zeig dich" ist jedoch ernster als die Farbenpracht der Masken erahnen lässt: Der Slogan soll Jugendliche ermutigen, sich und ihre häusliche Situation zu „zeigen“, sich zu trauen ihre Sorgen zu teilen und entsprechende Hilfe anzunehmen. Ein erster Schritt dahin, ist auch die Erkenntnis ein pflegender Jugendlicher zu sein.

Benjamin Salzmann, Projektkoordinator von echt unersetzlich, zur Teilnahme am Lollapalooza: „Das Wochenende auf dem Lollapalooza war aus unserer Sicht unglaublich erfolgreich. Wir haben viele gute Gespräche geführt und konnten Menschen über unser Projekt informieren, die mit der Thematik vorher noch nie in Berührung kamen. „Mit Hilfe des Festivals konnten wir mit einer wichtigen Zielgruppe in den direkten Dialog treten, Fragen klären und über die Situation der pflegenden Jugendlichen aufklären. Die Gäste, auch wenn sie nicht direkt betroffen sind, können wichtige Multiplikatoren für unser Projekt sein. Umso mehr Menschen von unserem Beratungsangebot erfahren und vor allem auch darüber sprechen, umso eher erreichen wir die pflegenden Jugendlichen, die unsere Hilfe benötigen“ fügt Lilly Parr, Kommunikationsmanagerin, hinzu.

Pflegende Jugendliche sind eine Gruppe von pflegenden Angehörigen, die oft übersehen wird, dabei ist die Zahl der pflegenden Jugendlichen sehr hoch. Laut der Studie der Uni Witten-Herdecke aus 2018 pflegen bundesweit 480.000 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren ihre Angehörigen. Das entspricht rund 6,1% aller Jugendlichen in dieser Altersgruppe oder ein bis zwei Schüler/innen pro Schulklasse! Die Dunkelziffer wird höher geschätzt, da viele Jugendliche im Verborgenen pflegen.  Sie bilden eine wichtige Säule des deutschen Gesundheitswesens, die mehr Beachtung, Unterstützung und Wertschätzung verdient. Wenn Jugendliche sich um kranke Angehörige kümmern, übernehmen sie Verantwortung, die meist nicht altersgerecht ist. Sie pflegen Angehörige mit einer Behinderung, einer Suchterkrankung und einer psychischen oder körperlichen Erkrankung. Problematisch ist, dass viele der jungen Menschen sich nicht als pflegende Jugendliche sehen und ihre Aufgaben als selbstverständlich empfinden. Die pflegerischen Aufgaben und die damit übertragene Verantwortung und Sorgen führen häufig zu einer starken Belastung. Die Folgen können Depression, soziale Isolierung, finanzielle Einschränkung sowie körperliche Leiden sein. Dem möchte das Projekt echt unersetzlich mit Gesprächen und verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten etwas entgegensetzen, um den Alltag der jungen Menschen zu erleichtern. „Wir möchten den Jugendlichen zeigen, dass diese Aufgaben und die damit verbundene Verantwortung nicht selbstverständlich sind und dass sie ihre Angehörigen nicht im Stich lassen, wenn sie einem Hobby nachgehen, Freunde treffen oder offen über ihre Sorgen und Belastung sprechen. Wir versuchen etwas von dem Druck, unter dem die Jugendlichen leiden, zu reduzieren und suchen gemeinsam nach passenden Unterstützungsmöglichkeiten“, sagt Gabriele Tammen-Parr, Projektleiterin der Beratungsstelle.

Echt unersetzlich bietet eine anonyme Onlineberatung und persönliche Gespräche vor Ort in Berlin Kreuzberg sowie Schulungen für Fachkräfte an. Neben der direkten Unterstützung der Jugendlichen und ihren Familien, möchte das Projekt die öffentliche und private Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für diese Personengruppe schärfen.

 

   

 

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